Videomittschnitt der Gründungsrede:
Rede des Generalsekretärs
Prof. Dr. Mallwitz
Sehr geehrter Herr Staatssekretär,
sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Kongregationsräte,
sehr geehrte Damen und Herren,
gerne komme ich der Einladung nach, eine Festrede zu halten und ich freue mich, hier zu sein, bei der Gründung des Europäischen Rumpott – Institutes zu Benz! Wir wissen, worum es geht. Viele der Anwesenden jedoch wissen darüber weniger. So möchte ich in den folgenden Minuten einige Fragen beantworten, die im Zusammenhang mit der zu institutionalisierenden Thematik auftauchen könnten.
In welchen historischen Zusammenhang gehört das heutige Thema? Was ist das Anliegen? Welche die Motivation ? Warum ein Institut? Warum europäisch? Um nur einige Fragen zu nennen. In der englischen Fachliteratur heißt es dazu (Übersetzung siehe unten):
Rumtopf is a german tradition! (Simultanübersetzung RR, siehe Anlage)
“Rumtopf is easy to make, hard to mess up and delicious!
Fruits as they come into season throughout the summer are layered in a pot with sugar, covered with rum, left until Advent and then enjoyed at Christmastime and through the cold winter months.
Known and prepared long before the first found written recipe from the 1700's, the legend is that it was accidentally discovered by seamen to be an efficient, and enjoyable, form of conservation during their long voyages.
Fruit picked up by the sailors on stops along their journey and stored had fallen into rum barrels, and, after tasting the result, they found not only had the fruit been preserved but also that the added flavour of rum was a bonus.
'Stored in rum' became the accepted way to transport and preserve fruit while under sail and was gradually adopted in kitchens throughout the country. However the description Rumtopf did not appear for the first time until 1885 in a cookbook, 'ABC der Kueche', written by Hedwig Heyl who, as she had been born into a North German ship owning family, knew something of the traditions.”
(Zitat aus: Francine McKenna. Rumtopf, Fruit and Rum Pot, Recipe, www.bellaonline.com)
Die Verbreitung des Rumpotts in Deutschland dürfte ihren Beginn im 18./19. Jahrhundert mit dem Aufschwung Flensburgs als dänisches Rum-Handelszentrum gefunden haben, wohingegen die Entwicklung des Rums als Getränk, bereits 1650 erstmals urkundlich belegt ist. Die in dem englischen Zitat erwähnte Publikation der Rumtopf-Rezeptur im „ABC der Küche“ der Hedwig Heyl aus dem Jahre 1885 erfolgte bereits ein Jahr nach dem Deutsch-Dänischen Krieg, als dessen Ergebnis u.a. Flensburg an den Deutschen Bund bzw. Preußen fiel. Flensburg verlor damit seine Vorrangstellung im lukrativen Rumgeschäft an Kopenhagen und Hamburg. Ob die treibende Kraft dieses Krieges allein in der Erbeutung des Flensburger Pott Rums oder der Rumpötte oder in der Umverteilung des Rumhandels bestand, dazu sagt die Historie nichts. Es bleibt jedoch festzustellen, dass der Rumpott als solcher in seiner Bedeutung gegenüber weiteren Veränderungen der Weltgeschichte seit 1884 invariant geblieben und uns selbst über die Zeit deutscher Kriege und friedlicher Umwälzungen, auch über 1989 hinweg, bis heute erhalten geblieben ist. Diese lange Tradition ist Anlass genug, diesem besonderen Getränk unsere volle Aufmerksamkeit zu schenken; es anzunehmen , es zu bewahren, es zu befördern und in die globalisierte Welt hinaus zu tragen. Dabei dürfen wir unseren Schwerpunkt nicht aus den Augen verlieren. Was genau ist gemeint? Pottrum? Rumpott ? Oder gar nur Rum oder nur der Pott? Oder einfach Kompott? Hierauf ein klare Antwort: Ja! Die Thematik ist gesamtheitlich zu betrachten, obwohl auch hier differenziert werden muss: Beginnen wir mit dem Pott: Es ist doch unstrittig, dass dieser einen starken Bezug zur traditionellen Seite der Keramik – und Steingutwarenindustrie hat und damit ebenso einen starken regional ausgeprägten wirtschaftlichen, aber auch kulturellen Bezug. Diesen gilt es in seiner Vielfalt zu bewahren, zu unterstützen und zu fördern! Was die Zutaten anbelangt, gibt es unterschiedliche Auffassungen, und diese sind übrigens ausdrücklich erwünscht, nach dem Motto: Vielfalt, statt Einfalt! Stets wird hier individuell um die optimale Lösung gerungen. Dabei stehen sowohl der jeweils verwendete Rum bzw. Rumverschnitt als auch die verwendeten Obstsorten, als Bestandteil der festen Phase des rumvergüteten Kompotts, im Brennpunkt der Diskussion und des jährlichen Experiments. Sollten die Obstsorten zufällig oder sogar beliebig beigegeben werden? Hierzu gibt es eine Mannigfaltigkeit von Zubereitungsarten und der kompositionellen Zusammensetzung des Kompotts – was Obstmenge, Obstsorte, die Additivierung des Zuckers, den Zeitpunkt der Rumzugabe, die Ruhenphase, die Rührzeit, die Rührintervalle und die eigentliche Zeit der Reifung anbelangt. Für dieses Procedere brauchen wir vor allem Qualitätsmaßstäbe, auch für den Rohstoff der festen Phase, d.h. für die Früchte.
Meine Damen und Herren. Wie kann nun die Güte- und Qualitätsüberwachung dieses sehr komplexen Prozesses in dem aufgezeigten Gesamtzusammenhang umgesetzt werden? Die Güte und Qualitätsüberwachung ist nur in einem entsprechend strukturierten Institut gewährleistet, welches der aufgezeigten Komplexität Rechnung trägt. Das Rumpottinstitut inkorporiert somit 3 Fakultäten: Die Keramische Fakultät, die pomarische Fakultät (Obst betreffend) und die olfaktorische Fakultät (das Gesamtergebnis in Bezug auf Geruch und Geschmack betreffend). Die Aufgabe wird sein, die Einhaltung der in 11 Geboten der Charta des Instituts beschriebenen Qualitätsmerkmale zu überprüfen und daraus entsprechende Empfehlungen zu entwickeln. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Dies ist keine Aufforderung zum Alkoholmissbrauch! Dem Institut dürfen nur Volljährige angehören. Von den alten Griechen ist die Spruchweisheit überliefert: μηδεν αγαν ! (Nichts im Übermaß !) Die Tragweite dieser Aussage wird bis heute unterschätzt. So lehrt uns die Erfahrung: Allein auf die Menge kommt es an! Ein Piepgössel zu viel und schon ist es passiert! In der Sprache der Medizin heißt die exakte Diagnose – im ausgeprägten Falle: C2H5OH – induzierte, d.h. Alkohol- induzierte Stressmigräne mit gastro -intestinaler Beteiligung. Bildlich gesprochen: Wenn auch der Eimer an der Bettkante Zeugnis ablegen kann… von dem Elend danach. - Darum geht es uns nicht! Wir wollen die Kultur des Rumpotts bewahren und uns überdies auch etwas anderes bewahren, …ich spreche von Freiheit! - Der Gestaltung des Rumpotts sind nämlich fast keine Grenzen gesetzt. Dieser Aspekt gewinnt gerade in Europa zunehmend an Bedeutung, wenn man sich vor Augen führt, welche Reglementierungswut herrscht – von der Größe und zulässigen Krümmung einer Banane, über die Glühbirne bis zur vorkonfektionierten Lebensmittelportion ( denken Sie an Kaffee-Sahne Portionierungen u. ä. mehr). Was ist eigentlich der Maßstab für diese vorkonfektionierten Lebensmittelportionen? Sind wir nicht bereits genug fremd bestimmt? Stehen wir da nicht geradezu in der Pflicht, uns diesem Trend entgegenzustellen? Gilt es nicht, besonders die gestalterische Freiheit, die traditionell verankerte und gelebte Kreativität regional und überregional zu bewahren und zu fördern? Vielleicht ist die Herstellung eines Rumpotts schon das letzte originäre Werk, welches von jedermann oder -frau mit eigenen Händen vollbracht werden kann, ein Werk welches frei von Reglementierungen aller Art ist. Der Rumpott ist so vielfältig, wie die Menschen, die ihn ansetzen! Wir brauchen ein Institut, eine Instanz vor Ort zur Würdigung der individuellen Gestaltung. Es gilt die Tradition zu bewahren, sie weiter zu entwickeln und in die Welt hinauszutragen.
Die kreative Vielfalt in Europa zu erhalten und zu fördern wird damit ebenso Aufgabe und Beitrag dieses Institutes sein! Ich bin überzeugt, dass wir unter diesen Vorzeichen viele neue Freunde des Rumpotts gewinnen werden. Quo usque tandem ..abutere patientia nostra ? Wie lange noch… unsere Geduld auf die Probe stellen? - fragt der alte Cicero. Ich mache es kurz und antworte mit unserem Leitspruch des Dichters Ovid: Finis coronat opus – Der Schluss krönt das Werk ! Gehen wir sie also an, die Gründung des Europäischen Rumpottinstitutes zu Benz!
Danke
Übersetzung:
Früchte, die in der Sommerzeit reifen, kommen lagenweise in einen Topf mit Zucker, werden mit Rum bedeckt, bis zum Advent sich selbst überlassen und dann zur Weihnachtszeit und die kalten Wintermonate über genossen .
Lange bevor im 18. Jahrhundert das erste Rezept in Schriftform gefunden wurde, war er bekannt und wurde angesetzt. Die Legende besagt, dass er zufällig von Seeleuten als eine effektive und angenehme Form der Konservierung auf ihren langen Reisen entdeckt wurde.
Obst, welches Seeleute bei Zwischenstops auf ihrer Reise zugeladen und gelagert hatten, war in Rumfässer gefallen und nachdem sie das Ergebnis gekostet hatten, stellten sie fest, dass nicht nur die Früchte konserviert waren, sondern auch das hinzugekommene Rum-Aroma von Vorteil war.
„In Rum gelagert” wurde die anerkannte Art, Früchte auf See zu transportieren und zu konservieren und fand allmählich Eingang in die Landesküche.
Indes die Beschreibung des Rumtopfes nicht vor 1885 zum ersten Mal in einem Kochbuch „ABC der Küche“, geschrieben von Hedwig Heyl, auftauchte, so hatte diese, in eine Norddeutsche Schiffseignerfamilie hineingeboren, doch etwas von den Gebräuchen gehört.